In memoriam Georg Bergmeier (* 3.02.1934 † 22.07.2014)
Gründungs- und langjähriges Vorstandsmitglied des KGV +++ Presseberichte+++Erinnerungen von Freunden, Weggefährten und ehemaligen Schülern
Am 1. August 2014 wurde Georg Bergmeier in Würdigung seiner vielfältigen Verdienste um das Ehrenamt posthum mit dem Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten ausgezeichnet.
Zur Ansicht / zum Download des Berichtes (Vilshofener Anzeiger, 2. August 2014, S. 25) über die Verleihung auf der Neuburg die Abbildung anklicken!


Nachruf im Vilshofener Anzeiger vom 25. Juli 2014. S. 18
Zur Ansicht / zum Download Abbildung anklicken!

Zur Ansicht / Download des Berichts zum 80. Geburtstag von
KGV-Gründungsmitglied Georg Bergmeier bitte Abbildung anklicken!
Foto: Fritz Greiler
Erinnerungen an Georg Bergmeier †

Titelseite der Abiturzeitung des Jahrgangs 1987 am Gymnasium Vilshofen
Von Frank Saibold, Abiturjahrgang 1987
Lieber Bergschos,
Du warst uns ein echter Partner und Begleiter durchs Abitur.
Später durfte ich Dich bei vielen kulturellen Veranstaltungen
in und um Vilshofen regelmäßig treffen, noch bis vor wenigen
Monaten. Es war mir immer eine Freude.
Danke Dir für alles.
Bold

Seite des Leistungskurses Geschichte in der Abiturzeitung des Jahrgangs 1987 mit Kursleiter Georg Bergmeier
Von Fritz Greiler, Abiturjahrgang 1987
Georg war für mich der prägendste Lehrer.
Unvergessen manche Momente, in denen er richtig grantig wurde.
Als wir – der Abiturjahrgang 1987 – darüber entscheiden konnten, ob wir weiter mit Du oder mit Sie von den Lehrern angeredet werden sollten, war das vielen wurscht, wollten es beim Du belassen!
Das machte den Bergschos richtig grantig. Er redete auf uns ein, wir sollten uns mit Sie anreden lassen.
Er wollte wohl unser Selbstwertgefühl stärken, erreichen, dass wir uns nicht mehr als Schüler, sondern als junge Erwachsene verstehen.
Sein Angebot an alle seine Kollegiaten: Nach dem Abitur sagt er wieder Du zu uns. Und wir dürften dann Du zu ihm sagen.
So hielt er es auch!
Kurioserweise lernten wir uns erst nach unserer Schulzeit – er Pensionär, in vielen Vereinen tätig; ich bei regionalen Printmedien – richtig kennen.
Wir trafen uns regelmäßig bei den Vernissagen in der Stadtgalerie und von 2002 an (fast) jeden Monat beim Literaturkreis in der Stadtbücherei, den er wie so vieles angeregt hatte ...
Als er auf die Hilfe anderer angewiesen war, als Pflegefall, gab es viele, die ihn regelmäßig besucht haben und für ihn da waren, bis zuletzt waren viele für ihn da, weil sie ihm "etwas zurückgeben" wollten und das auch getan haben ... das ist sehr tröstlich ...
Und so gab es auch immer noch viele Gelegenheiten, bei denen Georg sein schelmisches Schmunzeln übers ganze Gesicht erstrahlen ließ ...

Auf der Documenta X, Kassel, Juli 1997, © Fritz Greiler
Seine Schüler beschäftigten ihn immer sehr, er verfasste über die Jahrzehnte sogar ein Gedicht in Variationen, abgedruckt im Klassentreffen-Bändchen des Abiturjahrgangs 1987 anlässlich des 10-Jährigen im Juli 1997 – und hier nachzulesen:
Lehrer-Schüler-Verhältnis. Thema mit Variationen.
Von Georg Bergmeier
1977
Ein junger Mensch, gar nicht genierlich,
erzählt dir Neues ganz manierlich;
er bummelt mit dir durch die Straßen
und ist auch aufgelegt zum Spaßen. –
Du gehst ins Bad, um mal zu schwimmen
und deinen müden Leib zu trimmen;
da plantschen Schüler um dich munter
und tauchen dich, frech lachend, unter.–
Ob Jazz, ob Bach: als Musikant
macht mancher dich mit Kunst bekannt,
wirft aus dem Saal dich nicht hinaus,
dankt dir vielmehr für den Applaus. –
Beim Feiern, Singen, oder Wandern
triffst du die eine und den andern;
verbringst mit ihnen deine Zeit,
zu Frohsinn und Jux bereit. –
Und sitzt du abends mal beim Bier,
dann ist ein Dutzend Schüler hier;
sie lasssen dich sehr spät erst heim,
weih’n dich in manch Geheimnis ein. –
Als alter Herr beim Tanzbeinschwingen
siehst du Mädchen dich umringen;
sie machen dir die Nächte heiß;
du flüchtest, überströmt von Schweiß. –
Kurzum: die Jugend hat heut Rasse
und ist in vieler Hinsicht „Klasse”.–
Doch, triffst du sie dann in der Klasse:
– – – nur noch Masse!
1987
„Wer will denn mit mir nach Flensburg radeln?
Das freut das Herz und stärkt die Wadeln!
Das wär’ einmal zum Abitur
was Neues, a besond’re Tour!“
„Das ist schon recht; es wär schon schön,
Deutschland einmal per Rad zu sehn.
Doch sowas macht doch heut kein Schwein!
Wofür haben wir den FÜHRERSCHEIN!” –
„Drei achtzig krieg ich für das Buch
und sechs Mark fürn Theaterb’such,
und fünf Mark macht diesmal ‘s Papier.
Die nächste Stund zahlt ihr das mir!
Herr Schüler, rechnen Sie jetzt aus:
Was macht dann das für jeden aus?”
„Das ist, Herr Lehrer mir zu schwer:
Meine RECHNER-Batterie ist leer!” –
„Geh doch in die Bücherei und such
zum Lesen für die Ferien ein Buch!
Ich kann dir etwa als saftigen Braten
zum Lesen und Schmökern als Beispiele raten
den Böll, den Siegfried Lenz, den Grass;
auch Goethe und Fontane machen Spaß …”
„Warum soll ich denn all das lesen?
Da ist ja erst im FERNSEHEN dagewesen!” –
„Die Zeit wird immer später und später,
und ich seh erst Zettel und lose Blätter!
Termin ist schon für die Facharbeit;
jetzt wirds zum Schreiben allerhöchste Zeit!
Wann sind die Fetzen da komponiert,
geschrieben und die Fehler auskorrigiert?!”
„Nur Ruhe, Herr Lehrer, es ist schon in Butter:
Ich hab doch daheim den neuesten COMPUTER!” –
„Wer baut uns in Zukunft noch weiter
neue Autos, Computer, Halbleiter?
Wer denkt an die künftige Zeit,
ist noch zum Nachsinnen bereit?
Wer wird uns ins Leben einführen
und wird unsre Welt konstruieren?”
„Was gehn denn die Fragen uns an?
Wir kriegen all das aus JAPAN!”
1997
Wandertag ist heut wieder zum Sechssessel,
wie’s vor mehr als zehn Jahren das letzte Mal war;
damals war’s manchem für d’Freiheit a Fessel –
heut träf mancher sich gern hier jedes Jahr!
Tempora mutantur, sagt da der Lateiner,
sed nos NON mutamur in illis:
A Schulbub bliebe gerne manch einer,
weil ihm das stets sich ändernde Leben zuviel is! –
Selbstbewusst und sicher treten viele heute auf
und hauen am Sechssessel ganz schön auf den Putz –
im Gegensatz zu ihrem müden, leisen Schulverlauf,
wo schweigend sie dem Lehrer einst boten Trutz!
Andre dagegen, schüchtern noch wie anno dazumal,
würden am liebsten noch immer gehorsame Schüler sein;
die „Schule des Lebens” scheint gerade nicht überall
ein Honiglecken und ein Freudenmahl zu sein! –
Ihr kommt, wenn ich euch jetzt so anschau,
noch immer der Schule nicht aus:
Der eine hat g’heirat a Lehrerin als Frau,
der andere konstruiert grad a neues Schulhaus;
der eine ist selbst jetzt Kollege geworden
und stöhnt als Anfänger schwer,
vom anderen sind Kinder grad eingeschult worden
und nehmen die Nerven recht her! –
Und wenn wir in weiteren zehn Jahren
am Sechssessel im Sommer uns mal wieder sehn,
dann seid ihr schon rundum lebenserfahren,
und die Kinder werden alle aufs Gymnasium gehn.
Wer weiß, was bis dahin die Weltgeschicht wird machen
und wer uns in München, Berlin wird regiern.
Eins ist aber sicher: ‘s wird großen Spaß machen,
von euch dann Interessantes wieder zu hörn! – – –

Beim Besuch des Abiturjahrgangs 1987 im Gymnasium Vilshofen, Juli 1997, © Fritz Greiler
Von Jens Prausnitz, Abiturjahrgang 1991
Georg Bergmeier war für mich mehr als nur mein Deutschlehrer. Mehr als nur Leiter meines Abiturjahrgangs. Ohne ihn hätte ich nicht das Schreiben als Ventil für den damals in mir herrschenden Überdruck entdeckt. Im Tiefdruckgebiet des Gymnasiums waren manche Stunden bei ihm wie Inseln voller Sonnenschein, wo man hitzig diskutieren oder ebenso gut im Schatten vor sich hin dämmern konnte.
Von Vilshofen aus verschwanden dann viele von uns in die Welt hinaus, manche schafften es gar bis Aunkirchen, andere nur bis Warschau. Im Herzen behielt er uns alle. Erinnerte sich an mehr Namen als ich mir jemals ausdenken werde, und jeder von ihnen ist ein echter Mensch, dem er begegnet ist. Letzten August sah ich ihn zum letzten Mal, mit meinem Sohn an der Hand auf dem Weg ins Freibad. Oder war es danach, als ich ihn nach gemeinsamen Kaffee und Kuchen nach Hause begleitete, wir uns zum Abschied die Hand gaben und einander nicht los ließen, als hätten wir in dem Moment gewusst es ist das letzte Mal das wir uns sehen? Oder ist das schon wieder eine Erzählung, der Beginn einer Verklärung von erlebter Geschichte, die in der Rekonstruktion lebendiger und echter wird als sie jemals war?
Es verschwimmt alles vor meinen Augen, die Tränen machen es mir unmöglich klarer zu sehen. Und das ist gut so, denn dann sehe ich ihn mit dem Herzen. Und mit dem Herzen sieht man immer unscharf, die harten Grenzen und Konturen verlaufen, es ist die Unschärfe, die uns zueinander führt, die uns für andere öffnet. Da standen wir und ich wollte nicht gehen, nicht loslassen. Er sah mich gern, das spürte ich, und es war fast ein bisschen unangenehm.
Ich weiß nicht was ihn trauriger machte, dass mich die Welt nicht so mit offenen Armen empfing wie er angenommen hatte, oder dass ich es wieder versuchte, erneut den Schritt in die Welt hinaus tat, statt noch ein bisschen länger bei ihm zu verweilen, um aufzutanken vielleicht?
In Erinnerung blieb mir, wie er einmal nach einem Treffen mit mir sagte, er ginge jetzt noch an die Donau spazieren um ein bisschen zu weinen. Ich weiß nicht mehr ob er das mit dem Weinen tatsächlich gesagt hat, oder ob es nur so überdeutlich zwischen den anderen Worten mitschwang, so deutlich, dass man es hören konnte.
Dieser Nebensatz tat weh. Es klang so traurig und einsam, als entspränge ein ganzes Donauhochwasser allein seinen Tränen. Immer noch hielt er meine Hand, und da war Zweifel in seinen Augen, ob er, der kinderlose die richtigen Abzweigungen in seinem Leben genommen hätte. Ich meine gesagt zu haben, dass er doch mehr Kinder als andere habe, und die im Gegensatz zu echten freiwillig zu ihm zurück kämen – und dann war es da: sein bezauberndes, gewinnendes Lächeln.
Niemand konnte so lächeln wie er. So breit, so leuchtend, so unbedingt für sich einnehmend. Das war die beste Medizin. Wenn man ihn zum Lächeln bringen konnte – ach was, Lächeln! Dieses breite, umfassende, freche, überbordende, leuchtende Grinsen, das direkt aus dem Herzen kam und einen mitten ins Eigene traf, dieses Grinsen zu sehen war Belohnung und Segen, das man sich gerne verdiente, so sehr wärmte und tröstete einen dieser Anblick. Mit diesem Lächeln hätte er Karriere in Hollywood machen können. Stattdessen guckte es sich der spätere Oscarpreisträger Dustin Hoffman 1974 bei einer gemeinsamen Radltour in Berchtesgaden von ihm ab. Welch bodenlose Frechheit! Aber wir wissen, dass er an das Original niemals heran reicht.
Das hat uns jetzt hoffentlich alle noch einmal zum Lachen oder Schmunzeln gebracht. Seht es vor euch, dieses unnachahmliche Grinsen.

"Geburtstagsschos", Besinnungstage 1987, © Jens Prausnitz
Der vollständige Nachruf ist über die in Kürze folgende Internetadresse verlinkt, wo man auch das ihm gewidmete Drehbuch herunterladen kann:
http://generation89.de/2014/leidensgesellschaft/
Von Pauline Pirngadi, Abiturjahrgang 1991
Lieber Herr Bergschos,
danke für die herrlichen Diskussionen und die jahrelange Unterstützung während "unseres Reifeprozesses". So wie auf dem Foto werde ich dich in Erinnerung behalten...
RIP
Pauline Pirngadi

Abifahrt nach Rom Sept 1990 © Olli Bosch

Abifahrt nach Rom Sept 1990 © Olli Bosch
Von Halo Saibold
Schorsch ist tot - kaum zu glauben.
Ohne ihn wäre ich sicher nicht im KGV. Auf einer privaten, aber von ihm
organisierten Reise in die Cinque terre versuchte er mich schon für den
KGV zu begeistern.
Und auf meiner ersten offiziellen KGV-Reise nach Venetien im Sept. 2012
hatte er mich dann soweit: Er wollte unbedingt, dass ich seine Reisen
übernehme und ließ mich gleich "üben". Es waren soviel nette Leute
dabei, dass es für mich eine reine Freude war zu organisieren und mich
als "Kümmerin" auszuprobieren. Ja, und seitdem bin ich beim KGV aktiv.
Sehr schade, dass wir keine gemeinsame Reise mehr unternehmen konnten -
denn auf seiner letzten Reise wollte ich ihn nicht begleiten.
Leb wohl, Schorsch.
Halo Saibold (Reise- und Eventorganisatorin beim KGV)